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Liebesgedichte 2
XLIII
Wie ich dich liebe? Lass mich zaehlen wie. Ich liebe dich so tief, so hoch, so weit, als meine Seele blindlings reicht, wenn sie ihr Dasein abfaehlt und die Ewigkeit.
Ich liebe dich bis zu dem stillsten Stand, den jeder Tag erreicht im Lampenschein oder in Sonne. Frei, im Recht, und rein
wie jene, die vom Ruhm sich abgewandt.
Mit aller Leidenschaft der Leidenszeit
und mit der Kindheit Kraft, die fort war, seit
ich meine Heiligen nicht mehr geliebt.
Mit allem Laecheln, aller Traenennot
und allem Atem. Und wenn Gott es giebt,
will ich dich besser lieben nach dem Tod.
(Elisabeth Barrett-Browning)
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Locke und Lied
Meine Lieder sandte ich dir, Meines Herzens stroemende Quellen, Deine Locke sandtest du mir, Deines Hauptes ringelnde Wellen; Hauptes Welle und Herzens Flut, Sie zogen einander vorueber; Haben sie nicht im Kusse geruht?
Schoss nicht ein Leuchten darueber?
Und du klagest: verblichen sei
Die Farbe der wandernden Zeichen;
Scheiden tut weh, mein Liebchen, ei,
Die Scheidenden duerfen erbleichen;
Warst du blass nicht, zitternd und kalt,
Als ich von dir mich gerissen?
Blicke sie an, du Milde, und bald,
Bald werden den Herrn sie nicht missen.
Auch deine Locke hat sich gestreckt,
Verdrossen, gleich schlafendem Kinde,
Doch ich hab' sie mit Kuessen geweckt,
Hab' sie gestreichelt so linde,
Ihr gefluestert von unserer Treu',
Sie geschlungen um deine Kraenze,
Und nun ringelt sie sich aufs neu'
Wie eine Rebe im Lenze.
Wenig Wochen, dann gruenet der Stamm,
Hat Sonnenschein sich ergossen,
Und wir sitzen am rieselnden Damm,
Die Haend' ineinander geschlossen,
Schaun in die Welle und schaun in das Aug'
Uns wieder und wieder und lachen,
Und Bekanntschaft moegen dann auch
Die Lock' und der Liederstrom machen.
(Annette von Droste-Huelshoff)
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Deine Kuesse
Deine Kuesse sind so: Suess wie einst, suesser als einst. Was du denkst, was du hoffst, was du weinst, Was in Jahren entfloh,
Ungekuesster Kuesse Glut,
Ungestillter Sehnsucht Drang,
Goetterkraft, Jugendblut,
Liebe das Leben lang
Ueberglueht mich heiss,
Ueberfliesst mich ganz,
Wie von den Bergen Weiss
Des Mondes fliesst,
Fern ferner Sonnenglanz,
Durch Nacht versuesst.
(Ricarda Huch)
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